Trennungsjahr bei Scheidung

Trennungsjahr bei einer Scheidung: Ist es in Österreich verpflichtend?

Ein Schlagwort, das mit einer Scheidung immer wieder fällt, ist das sogenannte „Trennungsjahr“. Doch was genau ist damit gemeint? Wie wird in dieser Phase der Unterhalt geregelt und welche Vorteile kann es mit sich bringen, wenn man eine bestimmte Zeit wartet, bevor man die eheliche Trennung vollzieht?

Gibt es ein Trennungsjahr in Österreich?

Das Trennungsjahr ist im österreichischen Recht nicht vorgeschrieben. Während es in Deutschland vor der Trennung eine einjährige Wartezeit gibt, bevor man die eheliche Scheidung durchführen kann, wird dies in Österreich anders gehandhabt. Hier wird eine Ehe nach dem sogenannten „Zerrütungsprinzip“ geschieden. Laut österreichischem Recht muss die Ehe mindestens seit sechs Monaten unwiderruflich zerrüttet sein. Das bedeutet, dass die Ehegemeinschaft bereits ein halbes Jahr vor der Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen beendet worden sein sollte. Erst dann kann mit dem Scheidungsverfahren begonnen werden. Allerdings kann weder vom Gericht noch von einer anderen Institution überprüft werden, ob das Verhältnis tatsächlich bereits seit einem halben Jahr zerrüttet ist und die häusliche Gemeinschaft seit diesem Zeitraum nicht mehr besteht. Dies führt dazu, dass sich im Grunde jedes Ehepaar, das länger als sechs Monate verheiratet ist, scheiden lassen könnte.

Wie dieser sechsmonatige Zeitraum gehandhabt wird, bleibt jedem Ehepaar selbst überlassen. Mit „Trennung“ ist nicht zwangsläufig eine räumliche Trennung gemeint. Es reicht, wenn die Noch-Eheleute zwar in derselben Wohnung weiterleben, doch unabhängig voneinander agieren und als Paar getrennt sind.

Trennungsjahr und Unterhalt: welche Regelungen gibt es?

Gibt es während dieser sechsmonatigen Frist eine Regelung bezüglich etwaiger Unterhaltsansprüche?  Grundsätzlich gilt, dass in jener Phase, in der die Eheleute zwar schon getrennt aber noch nicht geschieden sind, die Unterhaltsregelungen die bei der aufrechter Ehe gelten, weiterhin eingehalten werden müssen. Das bedeutet, dass jener Noch-Ehegatte einen Anspruch auf Unterhalt hat, der kein eigenes Einkommen verfügt. Dies kann aus verschiedenen Gründen der Fall sein, so kann es sein, dass er dazu nicht in der Lage ist, etwa aus Krankheitsgründen, oder er kümmert sich um den Haushalt und kann deshalb keine eigene Einkommensquelle vorweisen.

Dieser Anspruch kann jedoch aufgehoben werden, wenn der betroffene Ehegatte sich einer besonders schweren Verfehlung schuldig macht. Ein Beispiel dafür ist etwa häusliche Gewalt. Der Anspruch bleibt jedoch weiterhin bestehen, wenn einer der Ehegatten aus dem ehemaligen gemeinsamen Wohnsitz auszieht.

Aber Vorsicht! Bei der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft muss beachtet werden, dass diese einvernehmlich erfolgen muss. Zieht man aus der Wohnung aus, ohne dass der Partner zuvor von der Trennungsabsicht unterrichtet wurde, so kann dies als schwerwiegende Eheverfehlung gewertet werden.

Der Unterhaltsanspruch bzw. die Unterhaltspflicht ist ein fixer Bestandteil einer Ehe bzw. dem nachehelichen Leben. Es kann nicht darauf verzichtet werden und auch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung wäre demnach ungültig. Wenn Sie in der Situation sind, dass Sie sich im Trennungsjahr befinden und Ihr Partner sich weigert, Unterhalt zu bezahlen, so können Sie diesen einklagen. Dabei kann Ihnen ein kompetenter Rechtsanwalt Unterstützung leisten.

Hier erfahren Sie mehr über den Ehegattenunterhalt

Warum kann ein Trennungsjahr trotzdem sinnvoll sein?

Wie bereits  angemerkt, ist es theoretisch möglich, sich auch schon kurze Zeit nachdem die eheliche Gemeinschaft beendet wurde, scheiden zu lassen. Ob seitdem wirklich mindestens sechs Monate verstrichen sind, wird nicht überprüft. Allerdings ist es durchaus sinnvoll, sich zwischen der Trennung und dem Scheidungsverfahren, ein halbes Jahr oder länger Zeit zu lassen. Diese Vorgangsweise ist vor allem deshalb ratsam, weil man sich so auf das Scheidungsverfahren vorbereiten kann, sowohl emotional als auch aus strategischen Gründen. Liegen zwischen Trennung und Scheidung einige Monate, hat man genügend Zeit, die Fronten zu klären und minimiert das Risiko, dass das Scheidungsverfahren in einem Rosenkrieg endet, da oft noch emotionale Wunden offen sind. Auch hat man dazu Gelegenheit, sich auf ein Leben ohne den Ex-Partner vorzubereiten, indem man etwa eine räumliche Trennung vollzieht und die gemeinsamen Kinder auf die Trennung vorbereiten kann.

Trennungsfrist zur Vorbereitung auf Verfahren nutzen

Ein weiterer Vorteil der Trennungsfrist ist, dass man die Zeit nutzen kann, um sich auf das Scheidungsverfahren vorzubereiten. So hat man Gelegenheit, sich zu überlegen, welche Vorstellungen und Wünsche man an das nacheheliche Leben hat und wie man Angelegenheiten wie Ehegattenunterhalt, Vermögensaufteilung, Kindesobsorge und den ehemaligen gemeinsamen Wohnsitz hat. Außerdem ist man gut damit beraten, sich in dieser Phase die Unterstützung eines kompetenten Anwalts zu suchen, der Sie über Ihre Rechte und Pflichten aufklärt und der gemeinsam mit Ihnen überlegt, wie sie erreichen können, dass Sie Ihre Ziele und Wünsche im Scheidungsvergleich durchsetzen können.

Ein Trennungsjahr wie es in Deutschland vor der Scheidung eingehalten werden muss, ist im österreichischen Recht nicht verankert. Allerdings muss die häusliche Gemeinschaft mindestens seit sechs Monaten aufgelöst sein, bevor die Scheidung durchgeführt werden kann. Diese Trennungsfrist sollte auch eingehalten werden um sich – idealerweise mit dem Scheidungsanwalt seines Vertrauens – auf den Prozess vorzubereiten. So kann man verhindern, dass man sich unvorbereitet in ein Scheidungsverfahren stürzt, bei dem voreilige Entscheidungen getroffen werden, die man später möglicherweise bereuen wird.

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