scheinehe in österreich

Scheinehe in Österreich

Der Begriff der Scheinehe macht zunächst deutlich, dass es sich um keine „echte“ Ehe handelt. Dennoch lässt er viel Spielraum für Interpretationen: Sind beide Eheleute wissentlich daran beteiligt oder wird einer der Partner vom anderen hintergangen? Gibt es Scheinehen nur unter Ehepartnern unterschiedlicher Herkunft oder auch unter ausschließlich österreichischen Staatsbürgern? Wie sieht die Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen aus, wie etwa dem Heiratsschwindel? Stehen Scheinehen unter Strafe? Und kann bei einer bestehenden Scheinehe eine Scheidung vollzogen werden?

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Definition und Formen der Scheinehe in Österreich

In der österreichischen Judikatur sind Scheinehen grundsätzlich formal gültige Ehen, die jedoch einzig und allein zu dem Zweck geschlossen werden, jemandem einen Vorteil zu verschaffen. Ob dieser Vorteil einem der Ehepartner gebührt, beiden oder einem Dritten ist einerlei. In den meisten Fällen sind diese versprochenen Vorteile entweder Geldsummen oder Sachwerte, beispielsweise in Form eines Aufenthaltstitels oder der Stop einer eigentlich verhängten Ausreisepflicht. Diese Ehen mit betrügerischer Absicht haben somit eine gut durchdachte und organisierte kriminelle Struktur. Wesentlich ist, dass bei einer konkreten Scheinehe nach dem Fremdenpolizeigesetz einer der Eheleute ein „Fremder“ ist und damit (noch) keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

In einer natürlichen, „echten“ Ehe haben Sie sowohl Mann als auch Frau gewissen Verpflichtungen. Dazu gehören unter anderem die eheliche Lebensgemeinschaft (gemeinsames Wohnen), Treue, die Pflicht zur angemessenen Begegnung und die gegenseitige Beistandsleistung. Diesen Verpflichtungen wird im Zuge des Betrugsvorhabens erst gar keine Beachtung geschenkt. Auch sind Fälle bekannt, in denen eine solche Ehe lediglich aus Mitleid eingegangen wurde, um jemandem zu helfen oder einen Gefallen zu tun; ohne dabei an die eigenen Konsequenzen zu denken.

Eine sogenannte „Zweckehe“ ist von der Scheinehe strikt zu unterscheiden: Bei der Zweckehe erlangen generell beide Ehepartner einen Vorteil. Zumeist ist auch eine Lebensgemeinschaft gegeben; diese jedoch mit dem bitteren Beigeschmack der Täuschung von Außenstehenden. Hier spielen oft Erbschaften oder steuerrechtliche Angelegenheiten eine wesentliche Rolle. Auch der Heiratsschwindel hat mit einer Scheinehe nur wenig gemein: Für diesen gibt es nämlich keinen konkreten, gesetzlich definierten Tatbestand. Auch handelt es sich um keinen Begriff aus dem juristischen Sprachgebrauch, sondern lediglich um einen umgangssprachlichen Ausdruck. Heiratsschwindel wird in der Praxis mit einem Betrugsdelikt gleichgesetzt, sofern entsprechende Beweise vorliegen. Das Opfer wird zum Opfer, auch schon lange bevor es überhaupt zu einem formalen Beschluss der Ehe oder gar zu einem Verdacht kommt. Auch eine Scheidung im Falle einer Scheinehe ist als solche nicht möglich.

Der Tatbestand gemäß Fremdenpolizeigesetz – die Strafe für rechtswidriges Verhalten

Kraft Gesetzes ist bei Scheinehen mindestens einer der Ehepartner ein sogenannter „Fremder“; also eine Person, die keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Der zweite Beteiligte ist entweder Österreicher oder ein „Fremder“, der aber eine Aufenthaltserlaubnis in Österreich hat. Auch ist eine eingetragene Partnerschaft der beiden Personen für die Erfüllung des Tatbestandes ausreichend, wenn schon im Vorfeld bekannt ist, dass es kein eheliches Zusammenleben geben wird und die Ehe nur der Erlangung oder Beibehaltung eines Aufenthaltsrechtes dient.

Entgegen vieler Meinungen können tatsächliche Scheinehen zwischen zwei österreichischen Staatsbürgern also nur unter äußerst komplizierten Umständen und unter der Einbeziehung Dritter gegeben sein – denn selbst, wenn zwei Eheleute nicht zusammenleben, wird keine Erlangung oder Verlängerung eines Aufenthaltsrechtes bezweckt. Somit ist der Tatbestand der Scheinehe nicht erfüllt.

Rechtliche Herangehensweisen – erst bei tatsächlichem Verdacht folgen Handlungen

Von zivilrechtlicher Seite her gelten Scheinehen solange offiziell, bis sie vor Gericht für nichtig erklärt werden. Allerdings hat in diesem Fall ausschließlich der Staatsanwalt die Klagebefugnis. Grundsätzlich gilt, dass nur bei einem hinreichenden Verdacht auf eine Scheinehe auch dahingehend ermittelt wird. Ohne Grund finden keine Überprüfungen statt, ob die Eheleute tatsächlich zusammenleben. Dies würde das Recht auf Privatsphäre unrechtmäßig einschränken.

Im Verwaltungsrecht sind Scheinehen seit der Einführung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 auch als „Aufenthaltsehe“ bekannt. Den beiden Ehepartnern ist es nicht erlaubt, sich für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe zu berufen, wenn sie nicht auch eine eheliche Lebensgemeinschaft führen. Beruft sich ein Fremder mit Aufenthaltstitel dennoch darauf, obwohl er nie eine eheliche Lebensgemeinschaft in Österreich gepflegt hat, droht ihm unter anderem ein mehrjähriges Aufenthaltsverbot.

Auch für österreichische Staatsbürger hat die Vermittlung oder das Eingehen einer Scheinehe selbst schwere Konsequenzen; ebenso wie der Glaube, man könne zur Auflösung eine Scheidung vollziehen. Wie eingangs erwähnt, muss der Ehepartner hierfür aber „fremd“ sein: Wenn der Österreicher oder die Österreicherin weiß (oder wissen hätte müssen), dass die angeheiratete Person sich für die schon zuvor genannten Zwecke auf die Ehe berufen möchte, erwartet beide Personen zumindest eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen – es sei denn, man wirkt an der Feststellung des Sachverhalts mit, bevor eine strafverfolgungsermächtigte Behörde vom jeweiligen Verschulden erfährt. Diese Mitwirkung wird situativ als freiwilliger Rücktritt gewertet, welcher nicht mit Strafe bedroht ist. Bei gewerbsmäßiger Tatbegehung oder wiederholtem Vorgehen erschwert bzw. erhöht sich das Ausmaß der Strafe, bei gewerbsmäßiger Vermittlung von Scheinehen droht die Höchststrafe: bis zu drei Jahre Haft.

Dennoch interessant ist der Fakt, dass auf das Grundrecht auf ein Familien- und Eheleben in Österreich sehr viel gehalten wird, sodass selbst bei Verdacht und klarem, definitivem Sachverhalt oft keine Verurteilung folgt. Verlieben sich die Scheineheleute später doch noch ineinander – auch das kann passieren, ist aber nur schwer nachprüfbar – und will es sich dieses Familien- und Eheleben ermöglichen, dann wird ihnen nach gängiger judikativer Praxis auch die Chance dazu gegeben. All die Erhebungen über die nicht rechtskonforme Ehe und deren Verlauf, die davor zusammengetragen wurden, sind wie ausgelöscht; das Recht auf ein Familienleben überwiegt und sämtliche alle bisherigen Widrigkeiten werden in den Schatten gestellt.

Auswirkungen der Scheinehe – Ansprüche und Strafe

Ob Frau oder Mann: Sind Sie einmal eine Scheinehe eingegangen – wenn auch nur aus Mitgefühl – und möchten später einen anderen Menschen heiraten, können Sie sich aus dieser Misére nur sehr schwer wieder befreien. Einerseits geben Sie zwar Ihren eigenen Fehler zu, als Rücktritt oder als Mitwirkung bei der Aufklärung eines Sachverhaltes wird dieses Vorhaben jedoch noch nicht gewertet. Viel eher entsteht oder erhärtet sich teilweise der Verdacht einer möglichen Wiederholung der Tat. Weiter gehen die bürokratischen Herausforderungen in Bezug auf die „Scheidung“. Juristisch korrekt kann Ihre Scheinehe nämlich nicht einfach durch eine Scheidung aufgelöst, sondern muss vor Gericht für nichtig erklärt werden. Und damit gehen eine Menge weiterer rechtlicher Folgeregelungen einher. Da die zum Schein verheirateten Personen oft schon viele Jahre keinen Kontakt mehr zueinander hatten und einer der beiden womöglich (wieder) aus Österreich ausgereist ist, ist das Einbeziehen der zweiten Partei oft gar nicht möglich.

Auch etwaige Unterhaltsansprüche gestalten sich sehr herausfordernd, wobei hier streng zwischen einer Scheidung und der Nichtigkeitserklärung unterschieden werden muss: Wurde während der betrügerischen Ehe beispielsweise ein Kind gezeugt so hat das Kind nach einer Nichtigkeitserklärung Anspruch auf Kindesunterhalt; und kann die Eltern im Ernstfall darauf verklagen. Der Anspruch erlischt mit der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, die aber durchaus erst viele Jahre nach dem vollendeten 18. Lebensjahr eintreten kann. Einen Ehegattenunterhalt gibt es hingegen nicht, denn: Wird eine Ehe (Scheinehe) für nichtig erklärt, bedeutet dies, dass sie nie existiert hat. Ehemann und Ehefrau hat es demnach nie gegeben. Bei einer Scheidung hingegen wird eine wahrhaft existente Ehe beendet – somit entsteht auch der Anspruch auf Ehegattenunterhalt.

Auch ein Anspruch auf Schadenersatz kann bei einer Nichtigkeitserklärung gegeben sein, da sich ein solcher nicht auf den Status eines Paares bezieht, sondern darauf, ob jemand einem anderen einen Schaden zugefügt hat; egal ob verheiratet oder nicht, ob gemeinsam lebend oder getrennt. Bringt einer der Scheineheleute also beispielsweise EUR 10.000,- als Mitgift in die Ehe ein und der Scheinehepartner gibt dieses ohne das Wissen des Anderen aus, hat er dem Scheinehepartner einen finanziellen Schaden verursacht, der nun zu ersetzen ist. Allerdings wird der Sachverhalt hier sehr genau überprüft und kann in komplexen Fällen mehrere Monate, teilweise sogar das ein oder andere Jahr dauern.

Zudem ist in Österreich immer noch ein Vorgehen gegen die Delinquenten vorgesehen. Die zu verhängende Strafe richtet sich nach dem Ausmaß und der Häufigkeit der Tat und hängt auch davon ab, ob die Scheinehe tatsächlich eingegangen oder stattdessen vermittelt wurde. Vermittler sind Beteiligte; und die Rechtssprechung in Österreich verlangt für diese eine Strafe im selben Ausmaß, wie sie auch der Hauptakteur zu erwarten hat.

Was tun bei konkretem Verdacht?

In Österreich sind die rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf die Ehe, die Scheidung, Eheverfehlungen und die etwaige damit verbundene Strafe sehr detailliert ausgearbeitet. Das kann Ihr rein durch Interesse bedingtes Studium sehr komplex machen, wenn Ihnen das grundlegende „Wie“ der juristischen Welt befremdlich scheint. Wenn der Verdacht einer geschlossenen Ehe für betrügerische Zwecke aufkommt ist die Dokumentation der erste wichtige Schritt. Vielleicht sind Sie selbst durch Ihre bloße Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft in eine Scheinehe geraten? Auch dann hilft Ihnen der Anwalt Ihres Vertrauens weiter und berät sie zu Ihrer Situation und den Möglichkeiten, einen Ausweg zu finden. Verlassen Sie sich auf das Fachwissen der Advokaten und konsultieren Sie einen Spezialisten – auch wenn der Verdacht gegenüber anderen Personen besteht.

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