Die Scheidungsrate liegt in Österreich schon seit Jahren nur knapp unter 50 %. Das bedeutet, dass etwas weniger als die Hälfte der geschlossenen Ehen wieder geschieden werden. „Bis dass der Tod uns scheidet“ gilt folglich nur noch für wenige Eheleute. In diesem Kontext gewinnt das Scheidungsrecht eine immer größere Bedeutung. Im Folgenden soll deshalb ein kurzer Überblick über den Ablauf einer Scheidung in Österreich gegeben werden.
Die einvernehmliche und die streitige Scheidung
In Österreich gibt es nicht „das eine“ Scheidungsverfahren. Vielmehr wird zwischen zwei Formen der Scheidung unterschieden, die jeweils hinsichtlich des Ablaufs zum Teil erhebliche Differenzen aufweisen. Die einvernehmliche Scheidung ist die wesentlich einfachere Art, sich scheiden zu lassen. Denn hier sind sich beide Ehepartner einig. Sie möchten einvernehmlich geschieden werden. Das ist auch schon der Unterschied zum streitigen Verfahren. Dort wird die Scheidung nur auf Wunsch eines Ehepartners durchgeführt. Das zugrunde liegende Verfahren ist deshalb im juristischen Sinne streitig, was den Ablauf und die Planung der Scheidung erheblich verkompliziert.
Scheidungsantrag – Die einvernehmliche Scheidung
Die einvernehmliche Scheidung kann nur von beiden Ehepartnern gemeinschaftlich beantragt werden. Außerdem müssen die Eheleute seit mindestens einem halben Jahr getrennt leben und die Ehe als endgültig zerrüttet ansehen. Wichtig ist, dass ein getrennt sein nicht zwingend getrennten Wohnraum voraussetzt. Ein Ehepaar kann also durchaus weiterhin im selben Haus zusammenleben. Dann muss allerdings der Hausstand so weit wie möglich getrennt sein. So muss zum Beispiel die Kontoführung getrennt erfolgen.
Die einvernehmliche Scheidung wird mündlich oder schriftlich beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Eheleute ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder hatten, eingereicht. Das Bundesministerium für Justiz hat indes bewusst darauf verzichtet, ein entsprechendes Formular zur Verfügung zu stellen, weil Scheidungen nicht staatlich gefördert werden sollen. Um die korrekte Stellung des Scheidungsantrags zu gewährleisten, sollte ein Anwalt konsultiert werden, der über Erfahrung im Scheidungsrecht verfügt. Für Eltern mit minderjährigen Kindern ist zudem zu beachten, dass sie dem Gericht nachweisen müssen, dass sie sich von einer geeigneten Person oder Einrichtung über die Bedürfnisse ihrer Kinder haben beraten lassen. Mit dieser Regelung sollen die Kinder im Rahmen der Scheidung möglichst weit geschützt werden.
Nochmals die Voraussetzungen der einvernehmlichen Scheidung im Überblick:
- Ein halbes Jahr Trennung
- Stellung des Scheidungsantrags durch beide Ehepartner gemeinschaftlich
- Betrachtung der Ehe als verrüttet, d. h. endgültig gescheitert
- Gegebenenfalls: Regelung über das Kontaktrecht zu minderjährigen Kindern
- Gegebenenfalls: Nachweis der Beratung über die Belange des Kindes
Über den Scheidungsantrag entscheidet das Bezirksgericht durch Beschluss. Eine mündliche Verhandlung wird also in der Regel nicht durchgeführt. Das beschleunigt das Verfahren erheblich. Der finale Beschluss des Gerichts wird den Eheleuten per Post zugestellt.
Kosten der einvernehmlichen Scheidung
Für den Scheidungsantrag entstehen beiden Ehepartnern zusammen Kosten von 279 €. Derselbe Betrag wird noch einmal für den notwendigen Abschluss eines Vergleichs fällig.
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Scheidungsklage – Die streitige Scheidung
Die streitige Scheidung ist Teil eines regulären und vollständigen Zivilverfahrens. Der gesamte Prozess ist deshalb aufwendiger als bei der einvernehmlichen Scheidung. Zur Durchführung des streitigen Scheidungsverfahrens muss der scheidungswillige Ehepartner einen Scheidungsgrund geltend machen. Dieser kann entweder in dem Verschulden des anderen Ehepartners oder der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft liegen. Andere Gründe kommen nur unter engen Voraussetzungen in Betracht.
Die Varianten der streitigen Scheidung:
- Scheidung aus Verschulden
- Scheidung wegen der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
- Sonstige Gründe (z. B. Geistes- oder Infektionskrankheit)
Verfahrensablauf der streitigen Scheidung
Im Gegensatz zur einvernehmlichen Scheidung beginnt das streitige Scheidungsverfahren nicht mit einem Scheidungsantrag, sondern mit einer Klage. Der Scheidungswillige hat beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Eheleute ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben bzw. gehabt haben, schriftlich den Scheidungsgrund durch Einreichung einer Klageschrift darzulegen. Da es hier um das Vortragen von Rechtsgründen geht, ist ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Scheidungsrecht noch wichtiger als im einvernehmlichen Verfahren.
Wenn die Klage durch das Gericht für zulässig befunden wird, kommt es zu einer mündlichen Verhandlung. Diese wird in Absprache mit den Eheleuten terminiert und beginnt damit, dass der Richter auf eine Versöhnung der Eheleute hinwirkt und auf die Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung hinweist. Sollte eine Versöhnung dennoch unmöglich sein oder ein Ehepartner weiterhin die Zustimmung zur Scheidung verweigern, erhalten beide Parteien die Möglichkeit, die Gründe ihrer Position vorzutragen. Hierzu bedarf es über Kenntnisse im Scheidungsrecht. Am Ende des Verfahrens entscheidet das Gericht durch ein Urteil. Dieses sogenannte Scheidungsurteil wird beiden Eheleute postalisch zugestellt. Beiden Eheleuten steht das Rechtsmittel der Berufung zu, sofern sie mit dem Urteil unzufrieden sind.
Kosten der streitigen Scheidung
Die Kosten der streitigen Scheidung sind wesentlich höher als die des einvernehmlichen Scheidungsverfahrens. Allein für die Einreichung der Klageschrift werden 297 € fällig. Kommt es im Rahmen des Zivilverfahrens zu einem Vergleich entstehen weitere Kosten, die sich zwischen 279 € und 418 € bewegen. Hinzu kommen die Koste der eigenen anwaltlichen Vertretung sowie etwaige Auslagen. Üblicherweise hat derjenige, der im Ergebnis gänzlich unterliegt, die Kosten des anderen zu tragen.
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